Noch in der Stunde vor der Verleihung des HeldinnenAward durch die Alice-Schwarzer-Stiftung (ASS) an Nasrin Sotoudeh telefonierte Alice mit Reza, dem Mann von Nasrin, in Teheran. Der war verzweifelt und hoffnungsvoll zugleich.
Er erklärte, dass die 20 ebenfalls unverschleierten Frauen, die gleichzeitig mit Nasrin bei dem Begräbnis von Armita Garavand verhaftet worden waren, inzwischen entlassen worden seien. Nur Nasrin sei noch in Gharchak, einem Ort, der noch finsterer sei als das berüchtigte Foltergefängnis Evin.
Gerade aber habe ihn die Nachricht erreicht, dass Nasrin nach Evin verlegt werde, wo viele politische Gefangene einsitzen und sie nicht mehr allein und isoliert wäre. Reza geht davon aus, dass dieser Hoffnungsschimmer der internationalen Solidarität zu verdanken sei und nicht zuletzt der Ankündigung des HeldinnenAwards.
Mansoureh Shojaee, eine im niederländischen Exil lebende Freundin von Nasrin, die den Preis stellvertretend für sie entgegengenommen hat, wurde nach der Veranstaltung mit Mails aus aller Welt und Iran überschüttet. Der unabhängige iranische TV Sender Volant Media/Iran International, mit Sitz in London, hatte die anderthalb Stunden live gestreamt. Oppositionelle Iranerinnen und Iraner im „Gottesstaat“ wie im Exil waren hoch erleichtert, ja außer sich vor Freude, über die demonstrative Solidarität aus Deutschland.
Denn genau das ist jetzt für sie überlebenswichtig! Ihr Aufstand gegen das Terrorregime darf nicht in Vergessenheit versinken in dieser Welt der eskalierenden Konflikte und Dramen.
Der HeldinnenAward wurde am 13. November im Roten Rathaus verliehen. Der Regierende Bürgermeister, Kai Wegner, fand einfühlsame und herzliche Worte für die iranische Frauenrechtlerin, die aktuell in höchster Lebensgefahr ist: „Auf der Welt gibt es viele Frauen, die sich für die Rechte der Frauen und gegen die Unterdrückung von Frauen engagieren. Nasrin Sotoudeh ist eine dieser Frauen – und eine Heldin. Ich habe für die Verleihung des HeldinnenAward der Alice-Schwarzer-Stiftung gern die Rolle des Gastgebers übernommen.“
Jasmin Tabatabai, deren Vater Iraner ist, und die noch eine große Familie in Teheran hat, ließ in ihrer Laudatio Nasrin Sotoudehs so mutiges und verzweifeltes Leben in eindrücklichen und anrührenden Worten Revue passieren. (Die Rede im Wortlaut)
Alice Schwarzer erinnerte an ihre Reise in den Iran, wenige Wochen nach der Machtergreifung Khomeinis 1979 in den Iran („Schon da war klar, dass die Frauen zwar im Schah-Regime ihr Leben für die Freiheit riskieren durften, im Gottesstaat aber nicht in Freiheit leben würden“). Und sie skizzierte den Kreuzzug der Islamisten seit Mitte der 1980er Jahre bis ins Herz der europäischen Metropolen. (Hier die Rede im Wortlaut)
Mansoureh Shojaee, die den Preis stellvertretend für Nasrin entgegennahm, erinnerte an den 200 Jahre währenden Kampf der Iranerinnen für Menschenrechte und gegen die entwürdigende Zwangsverschleierung. Sie appellierte eindringlich auch an die deutsche Politik, sich für Nasrin und die Tausende Oppositionellen, die im Iran in Lebensgefahr schweben, einzusetzen. (Hier die Rede im Wortlaut.)
Prof. Jürgen Wilhelm, Mitglied des Vorstandes der Alice-Schwarzer-Stiftung, übergab Mansoureh den Preis (10.000 Euro) und präsentierte die von der in Berlin lebenden japanischen Künstlerin Leiko Ikemura für den Preis geschaffene Skulptur „Victory Hase“.
Der HeldinnenAward der Alice-Schwarzer-Stiftung wurde in diesem Jahr erstmals vergeben. Es gibt für dieses Jahr kaum eine verdienstvollere und würdigere Preisträgerin als die todesmutige Nasrin Sotoudeh. (Hier ihre Dankesrede, die sie noch vor ihrer Verhaftung geschickt hat.)
Das Video der Preisverleihung, 72 Minuten, steht auf youtube.
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